Sehr geehrtes Gegenüber,
in Ermangelung eines Ansprechpartners - lt. den Angaben auf ihrer Webseite, ist ihre Gemeinde momentan wohl führerlos - möchte ich meinen Unmut zu der heutigen Ruhestörung zum Ausdruck bringen.
Heute morgen nämlich, wurde ich durch das panikartige Gebimmel der Kirchenglocke um Punkt sechs Uhr geweckt. Ich empfinde diese Art der akustischen Belästigung nicht zuletzt weil ich Atheist bin, als unzumutbar und möchte Sie bitten, diese künftig zu vermeiden, da nicht alle Bürger der Kommune Ihrer Organisation angehören. Arthur Schopenhauer schreibt in seiner Abhandlung "Über Lärm und Geräusch", dass nur der Stumpfsinnige unempfindlich ist gegenüber Getöse und bereits das viertelstündliche Anzeigen der jeweilig aktuellen Uhrzeit vermittels akustischer Botschaft und das die ganze Nacht hindurch, ist eine Zumutung.
Da es mir an Kenntnis der christlichen Liturgie mangelt, wüsste ich auch zu gerne, wozu das überhaupt nötig ist, die Menschen zu derart unchristlichen Zeiten zu wecken; zumal - ich lebe nicht nach der Uhr, sondern nach meinem Biorhythmus - durch die Zeitumstellung - weshalb es mich sowieso wundert, dass die Kirche sich dem Diktat dieser weltlichen Einrichtung Sommerzeit unterwirft - es genaugenommen heute morgen erst fünf Uhr war.
Mit derartigem Auf-sich-aufmerksam-machen reiht sich die Kirche ein mit populären Krachräumen wie Jahrmarkt, Rummel, Spielhölle, Bierkneipe oder Börsenparkett und der Aufschrei ist i.d.R. groß, wenn der Muezzin vom Minarett herab die gläubigen Muslime zum Gebet auffordern möchte - hat er nicht eigentlich dasselbe Recht wie Ihr Unternehmen? - denn inwiefern können Sie von Legitimität sprechen, wenn eine Sekte, die sich auch ausschließlich durch die Anzahl der Mitglieder selbst legitimiert, sich das Recht herausnimmt, dass sie anderen abspricht?
Um ein friedliches Miteinander zu gewähren, bitte ich Sie hiermit nochmals freundlich darum, derartige frühmorgendliche Sekkatur zu vermeiden, denn - und das gilt nicht nur für mich säkularen Menschen - in der Ruhe liegt die Kraft.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Sonnabend