Die Königin von Absurdistan

Die Königin von Absurdistan



Ein Märchen von Thomas Sonnabend


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Es war einmal eine böse Königin die sehr schlau war und große Reichtümer besaß. Sie herrschte in einem fernen Land namens Absurdistan über sehr einfältige Untertanen. Die Bürger von Absurdistan wähnten sich glücklich, weil sie nicht denken mussten; überhaupt war es verboten zu denken, ja bereits das Zweifeln stand unter Strafe. Das glückliche Volk tat einfach alles, was die Königin ihm befahl. Eines Tages sagte die Königin zu ihren Ministern, da ihr Volk sehr dumm sei, wolle sie noch mehr Steuern aus ihm herauszupressen, deshalb habe sie sich etwas ausgedacht. Also schickte sie ihre Herolde ins Land, um dem Volk zu verkünden, es grassiere eine schreckliche Seuche. Und obwohl niemand krank wurde, glaubte das einfältige Volk ihrer Königin. Die Königin befahl dem Volk, ihre Weisungen nie zu hinterfragen, in den Häusern zu bleiben und sich von Quacksalbern behandeln und sich von diesen, Tinkturen verabreichen zu lassen. Und da diese Tinturen sehr teuer seien, müssten die Steuern erhöht werden. Die Tinkturen aber waren giftig und viele Menschen wurden sehr schwer krank oder sind gar an ihnen gestorben. Die Herolde der Königin wurden beauftragt, den Menschen zu erzählen, daß das an der Seuche läge. Das Volk glaubte der Königin erneut, obwohl sie selbst nie in ihrem Palast blieb, sich oft mit ihren Ministern traf und sie und der gesamte Hofstaat sich niemals diese Tinkturen verabreichen ließ. Da kam ein weiser Medicus ins Land und sprach zu dem Volke, daß die Königin lügt und es gar keine Seuche gibt. Das Volk jedoch war sehr erzürnt über die Dreistigkeit, ihre geliebte Königin der Lüge zu bezichtigen, machte ein Geschrei und erschlug den armen Medicus alsbald.


Eines Tages suchte ein schrecklicher Drache das Land der bösen Königin heim. Doch anstatt ihre Soldaten zu schicken, um den Drachen von den Grenzen des Landes fernzuhalten, machte die Königin mit ihm einen Handel aus und versprach ihm die Hälfte ihrer Besitztümer. Die Königin befahl ihren Herolden, dem Volk zu erzählen, der Drache käme, um ihnen bei der Ernte zu helfen, da das Land von der Seuche so gebeutelt wurde und sie die Steuern erhöhen müsse, um den Drachen mit gutem Essen und einem stattlichen Schloß zu besänftigen. Der Drache jedoch kam über das Land und fraß nur und lebte in den Hütten der Bauern und Handwerker, er schlug alles kaputt und nahm sich ihre Töchter und erschlug ihre Söhne. Erneut schickte die Königin Herolde die den Bürgern erzählen sollten, daß das gar nichts Besonderes sei, das sei nunmal ein Drache und das entspräche eben seiner Natur und außerdem täte das eigene Volk das ja schließlich auch. Da kam ein gestandener Ritter ins Land und sprach zu dem Volk, daß die Königin lügt und daß es der Drache sei, der das Land in Schutt und Asche legt. Das Volk jedoch war sehr erzürnt über die Dreistigkeit seine geliebte Königin der Lüge zu bezichtigen, machte ein Geschrei und erschlug den armen Ritter alsbald.


Eines Tages kam ein langer, kalter Winter und danach ein langer, kalter Sommer und es regnete viele Monate lang und das Volk musste frieren. Da schickte die Königin abermals ihre Herolde ins Land, um den Volk zu erzählen, es käme erst eine Sintflut und danach verbrenne die Erde, wenn die Bürger nicht aufhörten Feuer zu machen und die Bauern nicht aufhörten Getreide anzubauen und die Handwerker nicht aufhörten Werkzeuge und andere Dinge die die Menschen zum Leben benötigen, zu produzieren. Die Königin befahl dem Volk, fortan nur noch Gras und Insekten zu essen, in kaltem Wasser zu baden und seine Wäsche nicht zu waschen; nur so ließe sich die Katastrophe verhindern, ließ sie verlautbaren. Da kam ein weiser Wetterkundiger ins Land und sprach zu dem Volk, daß die Königin lügt und die Winter entgegen, ihrer Verlautbarungen, nicht härter und nicht länger werden, sondern daß alles so sei, wie zu der Zeit als Gott die Welt erschuf. Das Volk jedoch war sehr erzürnt über die Dreistigkeit, ihre geliebte Königin der Lüge zu bezichtigen, machte ein Geschrei und erschlug den armen Weisen alsbald.


Und kein Medicus, kein Ritter und kein weiser Wetterkundiger traute sich mehr, das Land zu betreten. So lebte das Volk fortan glücklich und zufrieden, hungernd, frierend und stinkend in einem kargen Land mit einer reichen Königin und ihrem Hofstaat. Und dieses Land war in aller Welt verschrien als das Land der besitzlosen aber glücklichen Idioten und wurde fortan Dummland genannt.


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t.me/sonnabend


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