Das Große Zurücksetzen




Schwab läutet eine neue Zeitrechnung ein, wenn er in seinem Buch „The Great Reset“ von einer Zeit BC (Before Corona) und AC (After Corona) schreibt. Ins Deutsche übertragen steht BC (Before Corona) für VC (Vor Corona) und AC (After Corona) für NC (Nach Corona). Im Englischen steht BC - resp. stand, wenn es nach Klaus Schwab ginge - für Before Christ (vor Christus) und AC für After Christ - eigentlich AD (anno domini), wobei AC auch eine mögliche Schreibweise ist - (nach Christus).


Unsere Zeitrechnung beginnt mit dem Jahre 1 n. Chr. (nach Christus), frühere Zeitalter werden mit dem Zusatz „v. Chr“ (vor Christus) versehen; die Schwab'sche Zeitrechnung beginnt - oder soll also beginnen - im Jahre 2021, mit dem Jahr 1 nach Corona. Zwar schreibt er, „es kommen derart radikale Veränderungen auf uns zu, dass manche Experten bereits von der Zeit vor Corona (BC) und nach Corona (AC) sprechen“, jedoch entspricht eine solche Formulierung ganz dem Duktus eines Größenwahnsinnigen, ganz dem Schwab'schen Duktus, zumal noch keine derartige Formulierung von einem „Experten“ zu lesen war; sie fand lediglich eine gewisse mediale Verbreitung, nachdem „The Great Reset“ auf dem Büchermarkt erschienen ist. Schwab schreibt hier also ein neues Kapitel der Menschheitsgeschichte.


Mit dem Erscheinen Jesu (1 n. Chr.) begann i.d.T. eine neue Zeitrechnung und damit ging die Außerkraftsetzung des Alten (Testaments) einher. Der messianische Gedanke war ein neues Denken; galt bis 1 v. Chr. das alttestamentarische „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ (2. Mo. Exodus 21,23–25), so lautete der Imperativ fortan wie folgt: „Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die linke hin“ (Mt. 5:39). Die Kernbotschaft des, das Alte Testament außerkraft-setzende Neue Testaments bedeutet also inneren und damit einhergehend, äußeren Frieden. Keine andere Religion - den Buddhismus als Philosophie außen vorlassend - besitzt im Kern eine solche (Friedens)-Botschaft, wobei mehr der innere, denn er äußere Frieden gemeint ist; wobei letzterer mit ersterem einhergeht. Jesus war nämlich mitnichten ein Religionsstifter, wie päpstliche Fälscher, allen voran Petrus und Paulus uns weismachen wollen, sondern Jesus hat alle religiösen Dogmen negiert und durch reine Spiritualität ersetzt - gemeint ist damit keinesfalls eine gewissenhafte Sorgfalt in der Beachtung von Vorschriften (lat. relegere), sondern einzig eine hohe ethisch-moralische Selbstwahrnehmung und Innenschau. Voraussetzung für Spiritualität ist eben keine religiöse Überzeugung; im Gegenteil. Die Kirche als Leugnerin dieser Tatsache ist somit die schlimmste Verbrecherin gegen Jesus und tatsächlich war das für Jesus vorhersehbar, wenn er voraussagt: Ich werde meine Kirche auf einen Felsen bauen (Mt. 16:18), der mich selbst verleugnen wird (Mt. 26,34).


Hier tritt Klaus Schwab auf den Plan! Schwab sieht in dem Transhumanismus eine Form des evolutionären Humanismus; dem Gedanken, die Grenzen der menschlichen Möglichkeiten durch den Einsatz von Technologien zu erweitern. Doch was sind menschliche Grenzen, wenn nicht die, die er selbstzerstörerisch selbst definiert? „Die Technologien der Vierten Industriellen Revolution“, so Schwab,  seien „wirklich disruptiv – sie stellen die bestehenden Methoden des Wahrnehmens, Rechnens, Organisierens, Handelns und Ausführens auf den Kopf. Sie stellen völlig neue Möglichkeiten der Wertschöpfung für Organisationen und Bürger dar.“ Meint, der Wertschöpfer wird zum „Selbst“-Wertschöpfer? Er, der Mensch selbst, definiert seinen „Selbstwert“ als „freier“ Tagelöhner, jenseits wirtschaftlicher Absicherungen ausschließlich durch seine („Ver“-)Wertbarkeit, wenn Schwab schreibt, dass „die Alterung“ [...] eine wirtschaftliche Herausforderung sei, [...] wenn das Rentenalter nicht drastisch angehoben wird, damit ältere Mitglieder der Gesellschaft weiterhin ihren Beitrag zur Arbeitswelt leisten können (ein wirtschaftlicher Imperativ, der viele wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt), sinkt die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zur selben Zeit, in der der Prozentsatz der abhängigen älteren Menschen steigt“.  Er sieht den Menschen als Tagelöhner, wenn er schreibt: „Da Human-Cloud-Plattformen Arbeitnehmer als Selbständige klassifizieren, sind sie – für den Moment – frei von der Verpflichtung zur Zahlung von Mindestlöhnen, Arbeitgebersteuern und Sozialleistungen“.


Schwab warnt, wenn er schreibt, „Die verwirrenden Innovationen, die durch die vierte industrielle Revolution ausgelöst wurden, von der Biotechnologie bis zur KI, definieren neu, was es bedeutet, Mensch zu sein“; aber ist es wirklich eine Warnung? Nein; Schwab warnt nicht, sondern er droht! Das geht aus seiner unverhohlenen Bewunderung für die Optimierungs-Biotechnologien hervor - Klaus Schwab ist der Architekt der Neuen Weltordnung! Seine messianische Botschaft lautet: es wird eine Zeit nach Corona geben und die beginnt im Jahre 1 NC.


Wie schafft man eine solche Umwertung aller Werte? Schaffe die Seele ab! 


Der Karlsruher Philosoph Peter Sloterdijk, der Heidegger und ausgerechnet Nietzsche zu seinen Vorbildern erklärt,  kolpoltiert in seiner „Elmauer Rede“ die „Regeln für den Menschenpark“, womit er bezüglich Nietzsche falscher nicht liegen kann: der nietzscheanische Übermensch ist der Mensch, der mental über sich hinauswächst und der gerade nicht vermittels Anthropotechniken wie Gentech,  Bioenhancing, Selbstoptimierung zu einem „moralisch besseren“ Menschen umkonstruiert wird, wobei hier das Ethisch-Moralische ad absurdum geführt wird, da von seinem Mensch-Sein nicht viel übrig bleibt, als seine bloße Funktionstüchtigkeit in einer konsum- und leistungsorientierten Gesellschaft, in der das eigentlich Menschliche am Menschen für ihr reibungsloses Verwerten nämlich stört - die Seele des Menschen.


Vollkommenheit ist der Zustand des unverbesserlichen im Sinne von „zum Vollen“ kommen, also als finales Ergebnis – der jeweils vollkommene Zustand ist ein Maximum des jeweils Erreichbaren. Der Mensch beinhaltet in seiner Form und seinem Wesen nach die Eigenschaft von etwas, sein Ziel in sich selbst zu haben. Der Mensch ist als Entität, etwas das existiert, ein Seiendes - das ist bereits vollumfänglich ausreichend um ihn zu definieren. Bei den pathologisch größenwahnsinnigen Phantasien des Psychopathen Klaus Schwab ist das nicht ausreichend, er sieht den Menschen als optimierbare Ressource (Human ressource), als eine Art biologisch-technologisch-virtuell optimiertes seelenamputiertes Mischwesen für eine Verwertungsindustrie in einer „hybriden Mischungen aus digitalem und analogem Leben“; er sieht den Menschen als Bioroboter eines überbordenden und zutiefst inhumanen kapitalistischen Systems, das jedes einzelne Individuum von der Wiege bis zur Bahre wertsch(r)öpft. Damit die (Ent)lohnung nicht zu sehr zu Gunsten des Löhners ausfällt, ist diese so bemessen, gerade so eben ausreichend, seine Funktionstüchtigkeit zu erhalten. Krankheiten werden dabei nicht mehr akzeptiert, da ihre Symptome entweder auf chirurgischem und/ oder chemischem Wege, „geheilt“ werden werden, bis hin zu chemischer Lobotomie bei „seelischen“ Leiden, da die Seele in diesem System als inexistent erklärt wird.


Schwab läutet also eine neue Zeitrechnung ein, eine neue Epoche, eine Epoche des Detranshumanen, des  Anthropofugalen. Eine Antiepoche, in der der Mensch verzweifelt seines Geistes, seiner Seele, seines Naturseins, seines Menschseins flieht - eine Antiepoche, in der der Mensch sich selbst flieht.

Thomas Sonnabend

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