"Leck mir den Arsch fein recht schön sauber"
"Er hat kein Niveau" mit dem immer wieder populär erscheinenden Verweis auf (meine angebliche) "Fäkalsprache" - das Argument meiner Gegner, wenn ihnen die Argumente ausgehen... Der kleine Mann von der Straße glaubt, Niveau würde ihm einen höheren Stellenwert verschaffen, quasi der Paternoster geistig Armer, die hoffen, mit "Niveau" das Himmelreich der sozial bessergestellten zu erklimmen vermögen; dabei heisst Niveau erstmal gar nichts! Übersetzt meint Niveau nämlich Ebene, Höhe, Level, Schicht, Stand, Stufe; also welches - gemeint ist wohl also "Niveau" über oder unter - was denn dann überhaupt? Der Begriff Niveau bedarf erstmal eines Indikators also eines Merkmals, das als Hinweis auf etwas anderes dient, ein Negativ bedarf eines Positivs und umgekehrt; z.B. XY über/unter NN; so wird ein Schuh draus!
Kommen wir also auf des deutschen Michels liebste Kinder zu sprechen: die Dichter und Denker in deren Land er sich zuhause wähnt und auf die er sein (nationales) Selbst- und Wir-Bewusstsein begründet. Mit quasi libidinöser Inbrunst beruft er sich auf die (er wird nicht müde dies immer wieder zu betonen) deutschen Dichter und die deutschen Denker seien es Schiller, Goethe, Heidegger, Beethoven, Brecht, Mozart (Ich weiß, der war Österreicher, damit hat der Deutsche aber auch kein Problem [siehe Hitler]), Luther, Kant, Schopenhauer und wie sie alle heissen; nun denn, fangen wir mal ganz vorsichtig an, denn der große deutsche (von mir sehr verehrte) Johann Wolfgang von Goethe war nicht gerade zimperlich in seiner Zitatwahl, wenn er mit der Götz'schen Anführung (auch Schwäbischer Gruß genannt) „Er aber, sag's ihm, er kann mich im Arsche lecken!“ dem Berlichingen ein Denkmal setzte; dann Schiller und Büchner, beide firmieren unter dem Attribut "bedeutendste" deutsche Schriftsteller und Dichter, nach beiden wurden und werden unzählige Straßen und Plätze benannt und beide waren zu Lebzeiten gemeine Verbrecher, oder wurden zumindest so behandelt, per Haftbefehl gesucht, beinahe für vogelfrei (siehe auch Dante Alighieri; ich weiß, auch kein Deutscher - egal) erklärt und eingekerkert. Bertolt Brecht, der, man möge mich steinigen - wie ich finde, tonnenweise wunderschöne erotische Gedichte schrieb, Fickgedichte, die im Grunde aus Perspektive der Spießer, an Obszönität* kaum zu überbieten sind; oder (kleine Exkursion in die griechische Antike) Diogenes (der in der Tonne), der sich, als einer der größten Philosophen überhaupt, mit Vorliebe öffentlich auf dem Marktplatz einen runterzuholen pflegte. Der Philosoph Martin Heidegger „Wer groß denkt, muss groß irren" (Deutscher) und der Komponist Anton Webern (Österreicher und Schüler des Juden Arnold Schoenbergs), beide - letzterer noch bis nach Kriegsende - glühende Verehrer des Nationalsozialismus (gibt es was obszöneres als Totalität?). Kurz mal über die französische Grenze zu Gilles Deleuze (auch Philosoph - aber die Franzosen sind diesbezüglich ja sowieso nicht so etepetete) geschaut der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die "Geschichte der Philosophie als eine Art Arschfick zu betrachten" oder (wieder Österreich) Mozart, der - Achtung! Jetzt kommts! - den Kanon "Leck mir den Arsch fein recht schön sauber" für 3 Singstimmen", KV 233 komponierte. Klaus Kinski, der gar nicht lange lamentierte, sondern schnell mal eben Schnauzen polierte; Charles Bukowski, der am 16. August 1920 in Andernach am Rhein geboren wurde und der bekanntlich eigentlich nur Lyrik und Prosa verfasste deren Gegenstand entweder das Saufen, oder das Ficken sind und, last but not least, natürlich der Sozialrassist, Antisemit, Reaktionär und von Adolf Hitler (schon wieder der Österreicher) hochgelobte Martin Luther: "Wenn ich hier furze, riecht man das in Rom"; lt. einer "Umfrage" im ZDF zweitbeliebteste Deutsche.
Das alles sind Beispiele für zweierlei: einmal für Kultur- und Erkenntnisleistungen großer Denker auf die sich der Mob, wenn denn er es braucht einen runterholt, weil er in Ermangelung geistiger Potenz nicht selbst dazu in der Lage ist und zum Anderen, für die Befreiung des Genies von gesellschaftlichen Konventionen. Das natürlich ruft den Neid des unterprivillegierten, daumenlutschenden Spießbürgers hervor, der mangels Selbstwerts und Dissensfähigkeit ständig auf der Suche nach dem Konsens ist in einem realen, jämmerlichen Dasein, das nicht viel mehr ist als wirkliche Pornographie, in der Ausbeutung und Unterdrückung das wirklich Vulgäre darstellen; aber wen juckts, wenn er selbst unempfindlich ist gegen Sackratten? - bei Bedarf jedoch dem Genie entweder Genie bescheinigt, oder eben die Erkenntnisleistung abspricht, mangelndes Niveau attestiert und selbst dann am Nachmittag "Brisant" oder "Expolsiv" glotzt - Leben auf 'BILD'-Zeitungsniveau. NN = Normalnull, bezeichnet dann wohl eher das geistige Niveau meiner Gegner!
Anhang:
Über die Verführung von Engeln
Engel verführt man gar nicht oder schnell.
Verzieh ihn einfach in den Hauseingang
Steck ihm die Zunge in den Mund und lang
Ihm untern Rock, bis er sich naß macht, stell
Ihn das Gesicht zur Wand, heb ihm den Rock
Und fick ihn. Stöhnt er irgendwie beklommen
Dann halt ihn fest und laß ihn zweimal kommen
Sonst hat er dir am Ende einen Schock.
Ermahn ihn, daß er gut den Hintern schwenkt
Heiß ihn dir ruhig an die Hoden fassen
Sag ihm, er darf sich furchtlos fallen lassen
Dieweil er zwischen Erd und Himmel hängt —
Doch schau ihm nicht beim Ficken ins Gesicht
Und seine Flügel, Mensch, zerdrück sie nicht.
BRECHT