Die
Vokabel Unglück findet regelmäßig in den Medien Verwendung, wenn
es darum geht die wahren Umstände einer Begebenheit zu verschleiern.
Dabei ist sie ebenso naiv wie entlarvend. Wenn den Menschen nämlich
irgendwo ein Atomreaktor um die Ohren fliegt, liest man von einem
"Unglück"; einerseits naiv, weil impliziert wird, dass die
Katastrophe durch das bloße Abhandengekommen sein von Glück
zustande gekommen ist und andererseits entlarvend, weil offenbar
wird, dass es sich beim Funktionieren von Atomkraftwerken generell um
eine reine Glücksache zu handeln scheint. Wobei das die Sache im
Kern trifft, betrachtet man die vielen Parameter durch die eine
solche Katastrophe überhaupt erst zustande kommen kann, wobei
Flugzeugabstürze, sog. Terroranschläge, Erdbeben als Faktoren bei
der Risikobewertung von Kernkraftwerken nur selten als Möglichkeit
in Betracht gezogen, der größte Risikofaktor jedoch methodisch
ausgeblendet wird, nämlich Menschliches Versagen — der Begriff
Restrisiko versucht dies zu verschleiern, indem er das Risiko
marginalisiert, sozusagen zur Randwahrscheinlichkeit bagatellisiert.
Noch infamer ist die Verwendung des Begriffes Unglück, wenn es um
menschliche Katastrophen geht. Dabei will man uns Glauben machen,
dass Armut, Gewalt und Massenvernichtung ein gewisser Fatalismus, ein
unabänderliches Schicksal innewohnt. Die einen haben Glück, die
anderen eben Pech. Wenn nämlich mal ein Flüchtlingsboot im
Mittelmeer versinkt, will man uns weismachen, dass das Unglück allein
in deren Händen liegt, dass dem vorausgeht, dass diese Menschen
ihrem angestammten Unglück nicht zu entrinnen haben und sie sich ja
nicht in ein überbelegtes Boot setzen müssen – wir können ja
nichts dafür, dass wir Glück haben, wen kümmert das Schicksal der
Armen! Dass die Länder Afrikas, Asiens und Südamerikas von den
europäischen Nationen seit 600 Jahren ausgebeutet werden und die
Länder Afrikas, Asiens und Südamerikas deswegen arm sind und die
westlichen Industrienationen deswegen wiederum reiche westliche
Industrienationen, wird dabei geflissentlich unterschlagen. Wir
bekommen deren Schätze, die bekommen unseren Müll.
Um unser „Glück“ zu festigen gibt es die „Europäische
Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen“ und
diese bekommt das schnittige Label Frontex. Menschen, die seelenruhig
dabei zusehen, wie Menschen im Meer absaufen, weil „das Boot voll
ist“. Die einen haben Glück, die anderen eben Pech! Who gives a
shit?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen