Die Liebe der Eltern

Es ist offensichtlich so, dass viele Eltern ihre Kinder und viele Kinder ihre Eltern nicht lieben.

Oftmals sind, wertneutral betrachtet, Kinder für viele Eltern zuerst nur ein Hemmschuh, der sie ihrer Freiheit beraubt (ebenso auch umgekehrt, wenn nämlich Eltern ihre Kinder "erziehen"). Ebenso oft nehmen sie ihre Verantwortung zwar nur deswegen wahr, weil es lediglich ihrem schlechten Gewissen gegenüber einer sozial erworbenen Erkenntnis entsprang, dass es wohl so zu sein habe, dass ein Vater seine, oder eine Mutter ihre Kinder liebt, sie selbst haben ja wohl oft auch gegenteilige Erfahrungen machen müssen, die ihrem neu zusammengesammelten Weltbild völlig entgegengesetzt sind, da er als Vater seine und sie als Mutter ihre Kinder nicht liebt, verwechselt der Elternteil Verantwortung - eine verstandesmäßige Eigenschaft - mit Liebe; insgesamt eine reine Kopfgeburt also. Sie hätten oft gerne, dass es anders ist, aber es ist nicht so - es ist ihnen daraus auch absolut kein Vorwurf daraus zu machen; einem Menschen "emotionalen Defizite" anzuschulden wäre in etwas so absurd, wie einem Lahmen vorzuhalten, er könne nicht rennen. Solange diese Einsicht fehlt, solange besteht diese Blockade die gerne zu Schuldzuweisungen führt.

Elternliebe ist eine Form biologischer Zweckeinrichtung archaischer Art, vornehmlich geeignet, damit die Eltern ihre Kinder behüten, empfinden sie für sie eine emotionale Verbundenheit - die Kinder gleichfalls, jedoch aus einem absoluten Abhängigkeitsverhältnis heraus.

Heute wird diese Eigenschaft nämlich forciert; familiärer Zusammenhalt - eine reine Konstruktion; denn wieso sollte ich, meine Eltern mehr achten, respektieren und wertiger betrachten, als alle anderen Menschen auch? - wird so deswegen sehr verabsolutiert, um in Zeiten der Individualisierung des Einzelnen gesellschaftlichen Zusammenhalt zu simulieren, um diesen dann ausbeuten zu können. Insgesamt handelt es sich hierbei um ein Luxusproblem der westlichen Wohlstandsgesellschaft in der in den Medien und der Werbung ein Familienbild transportiert wird, das das Erwachsenwerden des Individuums hemmen und ihn seiner Mündigkeit berauben will.

Die Vorsilbe "er-" zeigt ein Verändern durch eine zielgerichtete Handlung auf; dass das Erwachsenwerden somit als das Ziel, durch den Zugewinn an Kenntnis des Ichseins eines Menschen zu eigenverantwortlicher Größe gereicht. Nur ist das nicht gewollt, weil ein Mensch der seiner Unmündigkeit entwächst nicht funktioniert und somit keinen produktiven Beitrag in einer Leistungs- und Konsumgesellschaft liefert. Die Verantwortung eines jeden, liegt schließlich ausschließlich in ihm selbst, das Outsourcen eigener Unzulänglichkeiten, "Du bist dafür verantwortlich, dass ich...", sucht die Zuständigkeit niemals beim Selbst, sondern projiziert sie auf das Du! Nicht von Ungefähr ist Schuld ein durch und durch verchristlicher Begriff, denn wer sich selbst als Opfer sieht wird so lange nicht erkennen, dass seine "Wurzeln" in ihm selbst liegen, so lange nicht bis er zu seinem Ich findet.

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